Februar 2019 Part I
„Ich hätte um ehrlich zu sein gedacht, dass ich in LA nur ein paar mal tanzen gehe, aber schon nach zwei Wochen bin ich hier direkt in die Tanzszene gerutscht und tanze noch mehr als in Berlin. Ich glaube daran, dass im Leben alles aus einem Grund passiert. Letztes Jahr, als ich mit Kevin in Amerika war, habe ich mich während unseres LA Aufenthalts dazu entschlossen tanzen zu gehen. Ich hätte das auch in jeder anderen Stadt machen können, aber in LA war mir plötzlich danach und ich meinte zu Kevin:“Du, heut Abend gehe ich tanzen.“ Und das nach einem Tag in den Universal Studios! Ich war kurz davor das ganze abzusagen, allerdings habe ich über ein Tanzforum einen Tanzlehrer kennengelernt, der bei uns direkt um die Ecke gewohnt hat und angeboten hat, mich mit zur Location zu nehmen. Spontan wie ich bin habe ich das Angebot natürlich angenommen.
Ich hatte allgemein nicht vor, so schnell noch einmal nach LA zurück zu kehren. Niemals hätte ich gedacht, dass ich mein Auslandssemester dort machen würde. LA hat mich nie so gecatcht wie New York oder Washington D.C oder Miami oder San Francisco. Und trotzdem ist es so gekommen. Und wäre ich in dieser Nacht nicht mit diesem Tanzlehrer tanzen gewesen, wäre ich auch nicht so schnell in der Bachata Szene in LA gelandet bei meiner Rückkehr zum Auslandssemester. Ich war noch nichtmal zwei Wochen in Kalifornien und schon hat er mir eine Nachricht geschrieben und mir die besten Tanzspots verraten. Und wie es sich für einen netten Kerl aus der Tanzszene gehört, hat er mir direkt all die wichtigen Leute und guten Tänzer vorgestellt. Eins kommt hier zum anderen. Ich bin in einem Tanzteam, ich werde in wenigen Tagen auf dem Los Angeles Bachata Festival auftreten und gehe 5-6 von 7 Nächten die Woche tanzen. Damit habe ich wirklich nicht gerechnet, vor allem, da alles so schnell geht.
Ich bin etwas aufgeregt, dass ich mich vertanzen werde beim Auftritt, aber ganz ehrlich: was habe ich zu verlieren? Das sind Chancen, die bekommt man nur einmal. Meine größte Leidenschaft ist das Tanzen und ich bekomme hier gerade die Möglichkeit mit einem Team auf der Bühne zu stehen, sogar zu unterrichten und ich lerne so viele neue Leute kennen. Ich schlafe zwar wenig, aber in Berlin habe ich auch nie viel geschlafen, zumindest nicht in der Nacht. Das alles fühlt sich so richtig an und ich kann diese ganzen neuen Eindrücke kaum verarbeiten. So viel passiert gerade in meinem Leben, so viel tut sich und ich merke, wie die Gedanken an Zuhause in Berlin weniger werden. Natürlich vermisse ich meine Freunde, ich liebe meine Freunde, aber ich baue mir hier gerade ein zweites Zuhause auf und das ist ein schönes Gefühl. Je näher Valentinstag rückt, desto bewusster wird mir auch, dass ich mir immer noch etwas eingestehen muss, was ich mir momentan mehr oder weniger schön rede. Meine Beziehung. Es liegt nicht nur an mir, dass weiß ich auch. Aber ich merke immer mehr in welche Richtung meine Gefühle gehen und dass es das fairste für beide ist, wenn ich mir in den nächsten Tagen darüber im Klaren werde und Konsequenzen ziehe. Eigentlich glaube ich, dass ich mich nur davor drücke der Wahrheit ins Auge zu sehen. Und ich frage mich ernsthaft, wieso mir das erst so heftig bewusst geworden ist, als ich in den Flieger Richtung LA gestiegen bin. Vorher hatte ich doch eine genaue Vorstellung wie alles laufen wird. Und kaum habe ich Deutschland verlassen, hat sich alles geändert. Vielleicht liegt es daran, dass mir die Distanz gezeigt hat was mir wirklich wichtig ist und was ich will. Nicht nur vielleicht. Ich glaube das ist es. Nichts hat mir mehr die Augen geöffnet als der Locationwechsel. Ich hab meine Augen vor etwas ganz wichtigem verschlossen ohne es so wirklich zu merken. Krass was einem alles so bewusst wird, wenn man mal eben 9.304km weit weg zieht. Man merkt, wen man wirklich liebt und wen man wirklich vermisst. Man merkt, woran das Herz hängt. Das wäre mir nicht so schnell bewusst geworden, wenn ich in Berlin geblieben wäre. Manche Sachen und manche Menschen sind einfach „bequem“ und man bleibt mit ihnen, weil es eben schön ist und sich in dieser Zeit gerade gut anfühlt. Aber nicht jede Freundschaft ist wahr und nicht jede Liebe ist tief. Und nichts wird dir besser zeigen wem du wirklich etwas bedeutest als die Entfernung. Und nichts wird dir besser zeigen wer DIR etwas bedeutet als die Entfernung.“